Peter Clementsen
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Zur Frage der verschiedenen wohltemperierten Stimmungen

Zum Thema ‚Streckung’

Merkwürdig ist, dass die oberen Töne zu tief zu sein scheinen, wenn man sie mit der tieferen Oktave vergleicht. Stimmt man die obere Saite aber so hoch, dass sie gefühlt hoch genug ist, klingen beide Töne zusammen nicht mehr gut. In der Praxis suche ich einen Kompromiss. Für jemanden, dem dieses Problem noch nie aufgefallen ist, sind die folgenden Erklärungen nur mühsam zu verstehen.

Bei Wikipedia steht zu dem Thema folgendes:

„Streckung (Musik)
Unter Streckung oder Spreizung, engl. stretch-tuning, versteht man eine Technik beim Stimmen von Saiteninstrumenten, besonders von Klavieren. Beim Klavierstimmen wird zunächst die Temperatur gelegt, normalerweise in Form eines Quintenzirkels ab dem Ton a1, anschließend stimmt man in Oktavschritten aufwärts und abwärts. Dabei werden die Oktaven „gestreckt“, das heißt, die oberen Töne werden höher, die unteren tiefer gestimmt, als sie rein rechnerisch wären.

Obwohl die Grundschwingung der Saiten „falsch“ ist, hört das menschliche Ohr schwebungsarme oder -freie Oktaven. Dies ist darin begründet, dass die Obertöne, die einen großen Teil des Klanges einer Saite ausmachen, nur bei einer „idealen Saite“, die unendlich dünn und unendlich lang ist, dem rechnerischen Ideal (1:2, 1:3, 1:4 usw.) entsprechen würden. Die Steifigkeit der realen Saiten übt jedoch zusätzlich zur mechanischen Spannung eine Kraft auf die Saiten aus und erhöht so die Frequenz der Obertöne (je höher, desto mehr) – der Ton klingt höher. Bei extrem kurzen und dicken Saiten ist dieser Effekt so stark, dass sie schon für sich allein unsauber klingen und praktisch unstimmbar sind. Dieses Phänomen wird als Inharmonizität bezeichnet.

Das Maß der Streckung hängt also von den Saiten ab; je steifer eine Saite ist, umsomehr wird die Oktave gestreckt. Bei einem langen Konzertflügel (mit relativ langen und deshalb weniger dicken Basssaiten) streckt man die Oktaven wesentlich weniger als bei einem niedrigen Pianino. Bei einem Cembalo mit seinen dünnen Saiten werden die Oktaven praktisch überhaupt nicht gestreckt.

Das Maß der Streckung bestimmt nach wie vor das menschliche Ohr und nicht das elektronische Stimmgerät, welches allerdings bei der Anlegung der verschiedenen Arten von Stimmungen eine sehr wertvolle Hilfe ist. Die Streckung betrifft das ganze Instrument, im tiefsten Bass und oberen Diskant mehr, in der Mitte weniger. Zwecks Angleichung an reale Klaviere werden manchmal auch elektronische Instrumente auf diese Art „verstimmt“, obwohl das bei ihrer Art der Tonerzeugung eigentlich überflüssig ist.

Inharmonizität kann auch helfen, kleine Stimmungsstörungen in ähnlicher Weise zu verschleiern, wie es das Vibrato bei anderen Instrumenten und Sängern bewirkt.“

Den zweiten Absatz hab ich schließlich so verstanden: Der höhere Ton hat höhere Obertöne als der tiefere; damit die Obertöne zusammen passen, muss also der obere Ton tiefer gestimmt werden. Bis mir das klar war, hat es aber ein wenig gedauert.