Peter Clementsen
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Zur Frage der verschiedenen wohltemperierten Stimmungen

Quintenzirkel und Tonhöhen der verschiedenen Stimmungen

a) Die pythagoräische Stimmung und das pythagoräische Komma (pK)

Pfeile innen: in reinen Quinten hoch, Faktor 1,5
rQu = reine Quinte; WQu = Wolfsquinte
Mit zwölf reinen Quinten vom tiefsten C (32 Hz) aus hätte das hohe C (der höchste Ton auf dem Klavier, sieben Oktaven darüber) etwa 4152 Hz, tatsächlich hat es aber nur 4096 Hz (als 7. Oktave über dem 32-Hertz-C). Der Fehler beträgt also 4152 Hz : 4096 Hz = 1,01364…, also gut 1,3 % oder 23 Cent oder knapp ein Viertel Halbton.
Dieser Fehler ist das sogenannte „pythagoräische Komma“ (knapp ¼ Halbton). So viel ist die zwölfte Quinte zu klein, was sich ziemlich schlecht anhört.
Auf 12 Quinten verteilt wird es ca. 0,1% (2 Cent, 1/50 Halbton). Die bemerkt nur der geübte Hörer (bei der gleichstufigen Stimmung).
Auf 2 Quinten verteilt wird es knapp 0,7% (12 Cent, 1/8 Halbton). Die sind deutlich zu hören, aber nicht mehr unerträglich (bei der Stimmung nach Maria Renold).
Allerdings ergeben sich dadurch nur drei verschiedene Tonarten-Klänge. Und Musiker störten sich an den zu unreinen Quinten. Dieser Nachteil führte mich zur Suche nach anderen Stimmungen mit mehr unreinen Quinten.

b) Die gleichstufige Stimmung

Alle Quinten haben denselben Abstand: 1,4983… (2^7/12) statt 1,5 bei der reinen Quinte. Darum klingen alle Tonarten gleich. Das kann man als Vorteil oder als Nachteil verstehen, je nach Erziehung, Gewöhnung und Geschmack.









c) Die Stimmung mit 10 reinen Quinten (Maria Renold)

Die weißen und die schwarzen Tasten haben untereinander nur reine Quinten. Mit zwei unreinen Quinten (1,490) können die anderen zehn also rein gestimmt werden. Zehn der 24 Terzen sind etwas unreiner als bei der gleichstufigen Stimmung, 14 sind etwas reiner.

Wenn man die unreinen Quinten (wie hier) auf B-F und H-Fis legt, ergibt die As-Dur-Tonleiter lauter Intervalle, die genauer sind als die der gleichstufigen Stimmung. Will man diesen Vorteil auf der C-Dur-Tonleiter haben, so werden die unreinen Quinten auf D-A und Dis-Ais gelegt.

d) Die Stimmung mit 9 reinen Quinten (HaDEs)

Diese Stimmung schwächt die Unreinheiten in Quinten, Quarten und Terzen ab, die bei der Stimmung mit 10 reinen Quinten auftreten. Nur noch vier der 24 Terzen sind etwas unreiner als bei der gleichstufigen Stimmung (statt zehn bei der Stimmung mit zehn reinen Quinten), zehn sind etwa reiner. Die unreinen Quinten sind auch nicht so auffällig unrein wie bei der Stimmung mit 10 reinen Quinten (0,45% gegenüber 0,68%). Diese Stimmung hat auch deutlich weniger Differenzen gegenüber der gleichstufigen Stimmung, was beim Zusammenspiel mit anderen, gleichstufig gestimmten Instrumenten gut ist.

e) Die Werckmeister-3-Stimmung

Die Werckmeister-3-Stimmung hat auch 6 unreine Quinten, aber eine davon ist größer als die reine Quinte: D-A, A-E, Fis-Cis, Cis-Gis und F-C werden um ¼ des pK zu eng gestimmt, Gis-Dis wird um ¼ des pK zu weit gestimmt. Dadurch gibt es 17 verschiedene Akkord-Klänge (von 24). Die Schwebungen werden im Dur tendenziell stärker, wenn die Tonart mehr Vorzeichen hat. Allerdings wird das nicht konsequent umgesetzt, vor allem klingt B-Dur ähnlich wie H-Dur. In den Moll-Tonarten gibt es keinen Zusammenhang zwischen Schwebungsstärke und Vorzeichen.

f) Die Stimmung mit 6 reinen Quinten (woPy)

Diese Stimmung erscheint mir die ideale Lösung für Klaviere, die solo gespielt werden, also nicht mit (z. B.) Flöte oder Gitarre zusammen: Die unreinen Quinten stören genauso wenig wie bei der gleichstufigen Stimmung. Die Akkordklänge sind ganz verschieden, ohne dass einzelne Klänge aus dem Rahmen fallen. Diese Stimmung hat allerdings gegenüber der HaDEs-Stimmung wieder mehrere deutlich hörbare Differenzen gegenüber der gleichstufigen Stimmung, was beim Zusammenspiel mit anderen, gleichstufig gestimmten Instrumenten stören könnte. Das zeigt die Gegenüberstellung der Frequenzen (in Hertz), fett sind hörbar große Differenzen, fett und rot sind Differenzen, die wahrscheinlich stören werden: